21.8.2016 - Regensburg - Ugly in pink

Prolog

Am Abend der Pokalauslosung in Waldis, ähm, Beckmanns Sportschule, unter breitschultriger Aufsicht von „Wrestlingstar“ Tim Wiese, hatte Opa mit Freunden in einer Kneipe gesessen und gespannt darauf gewartet, gegen welchen Gegner Hertha die Chance bekommt sich zu blamieren. Einige attraktive Ziele waren ja dabei. Die Attraktivität aus Sicht eines Auswärtsfahrers ist in erster Linie durch die Frage gegeben, ob man da schon mal war. Die erste Runde des DFB Pokals bietet da traditionell eine Menge Chancen, neue Stadien kennenzulernen. Als dann Regensburg gezogen wurde, waren einige in der Runde ganz schön geknickt, schließlich waren wir da schon. Opa entgegnete, dass wir zwar schon in Regensburg zum Ligaspiel waren, aber noch nicht im neuen Stadion. Und da Regensburg eine wunderschöne Stadt ist, war Opa schon in heller Euphorie, auch wenn die Terminierung noch abzuwarten war.

 

Mitte Juli war es dann so weit. Der DFB gab offiziell die Terminierung bekannt. Samstag, 20.8.2016 sollte es sein. Also schaute Opa nach Zugverbindungen – Regensburg schreit regelrecht nach einer Regiotour, buchte ein Hotel für die Nacht nach dem Spiel und Sonntag sollte es dann nach einem gemütlichen Stadtrundgang mit dem Regio zurück Richtung Berlin gehen. So der Plan. Bis sich herumsprach, dass Hertha beim DFB Protest gegen die Spielansetzung erhoben hat. Ja, wie denn, was denn? Opas Blutdruck stieg. Weniger, weil Hertha (wegen einer möglichen Doppelbelastung) Protest eingelegt hat, sondern weil Hertha das in seiner verlässlichen Tapsigkeit nicht kommuniziert hat. Obendrein noch viel schlimmer zitierte Hertha den Cheftrainer, der sinngemäß sagte, man nehme die Herausforderung an. Der FSV Frankfurt gab letztlich die Umterminierung bekannt, der DFB gab es bekannt, auf Herthas Homepage war über Stunden nichts davon zu lesen. Blöd, blöder, Hertha.

 

 

Am Ende hatten wir noch Glück, dass wir nicht ein Montagsspiel erwischt haben, die Verschiebung auf den Sonntag Abend war aber auch äußerst unglücklich, denn die Reiseplanung bedurfte einiger Änderungen. Nach dem 18:30 Uhr Spiel kam man nämlich nicht mehr mit dem Zug zurück nach Berlin. Was tun? Übernachtung um eine Nacht verschieben? Verlängern? Wer würde denn so mitfahren, dass man am Montag zurück fährt? Also Bus? Opa grübelte miesgelaunt ein wenig über diese Frage. Die miese Laune rührte u.a. daher, dass Leute, die selten oder noch nie auswärts fahren, keinerlei Verständnis haben, dass Opa ob dieses Planungs- und Kommunikationschaos' ungehalten wird und ihn wiederum anpöbeln, er sei zu blöd, seine Reisen zu planen. Da prallen Welten aufeinander, die nicht kompatibel sind. Auch nicht kompatibel sein müssen. Und manchmal läuft Opa abends zum Dönermann und entdeckt in seiner skurrilen Neuköllner Nachbarschaft liegengelassene Schilder, bei denen er sich die Frage stellt, ob diese zu bestimmten Lebenssituationen passen.  

FOTO Schild

 

Opa wollte unbedingt das Regensburgwochenende für ein wenig kulturelles Programm nutzen. Also blieb es bei der Hotelbuchung von Samstag auf Sonntag. Hinsichtlich der Wahl des Verkehrsmittels blieb ja dann beinahe nur Auto und da kam es gut zu Pass, dass einer der Herthafans aus Coswig mitsamt Tochter Opa eine Mitfahrgelegenheit anbot und obendrein sogar damit lockte, ihn von der Haustür abzuholen. Noch schnell einen weiteren Mitfahrer organisiert und perfekt war die Planung von Unterkunft, An- und Abreise. Blieb noch das kulturelle Programm, doch darum wollte sich Opa intensiv erst in der Woche vor dem Spiel kümmern.

 

Ein Kumpel von Opa, der im Fernsehumfeld arbeitet, weilte derweil schon seit ein paar Wochen in Rio, um bei den dortigen olympischen Spielen zu arbeiten. Er berichtete von grauenhaften Zuständen, vor allem die Bettelarmut, die man insbesondere an der Copa Cabana erleben kann. Gerade die Frauen sind dort so arm, dass sie kaum etwas anzuziehen haben – aber schöne Fotos gab es ;)

 

 

Da das mit den Bildrechten rund um diese Kommerzveranstaltung jedoch ein Graus ist, beschlossen wir, noch ein wenig Bildungsfernsehen einzuschieben und beschäftigten uns mit der Corioliskraft, die ablaufendes Wasser zum Strudeln bringt. Auf der Nordhalbkugel in eine andere Richtung als auf der Südhalbkugel. Opas Reisetagebuch hat weder Kosten noch Mühen gescheut, seinem Bildungsauftrag nachzukommen und ist mit seinen Korrespondenten extra um die halbe Welt geflogen, um den Beweis zu liefern :D

VIDEO Corioliskraft

 

 

Ansonsten gab´s noch lustige russische Fans zu beobachten, die ihren Wodkavorrat in Wasserflaschen umfüllten, um tagsüber nicht auf dem Trockenen zu sitzen. Völkerverständigung läuft manchmal ganz flüssig ;)

FOTO Russen

 

Opa braucht Abstand zu Hertha

Der Sommer war Herthatechnisch grausam. Erst die Ansetzung des Quali Hinspiels in den Jahnsportpark, die katastrophalen Verhältnisse am Einlass, dann das Gehampel rund um die Auswärtstickets in Kopenhagen und nachdem man dort blamabel ausgeschieden war, war Opa pappesatt. Obwohl das Testpiel gegen Neapel angesetzt war, entschied sich Opa für einen Kurzausflug ans Meer. Einer Freundin war kurzfristig ein Reisepartner abgesprungen und sie bit Opa für das Wochenende Quartier in Westerland an. Sylt war genau das richtige, um den Kopf freizubekommen. Also mit Opas altem Micra Freitag nach Feierabend losgerast, um den letzten Autozug zu bekommen. Gerade so erreichte Opa das Terminal und fiel mit seinem Assi-Auto neben Protzschlitten wie aufgemotzten G-Klassen (mitsamt aufgemotzten alten Schachteln auf dem Beifahrersitz), Porsches und Ferraris gleich auf. Hihi, wenn man in solchen Kreisen auffallen möchte, sollte man sich ein Altauto besorgen. Tauschen wollte mit Opa aber keiner. In der Abenddämmerung rollte der Autoreisezug durchs Wattenmeer.  

FOTO Autoreisezug

 

Gegen 22 Uhr erreichte Opa erschöpft, aber glücklich das Appartment. Ein abendlicher Spaziergang durch die Fußgängerzone führte ins „Alt-Berlin“, wo Fußallwimpel die Decke und alte Berliner Zeitungen die Wände zieren, wo es aber als Bier entweder Krombacher oder Hofbräu gibt. Der Kellner sagte auf die Frage nach Berliner Bier, dass mittlerweile zu wenig Berliner nach Sylt kämen und dass sich das nicht lohnen würde. Der Hinweis, dann solle man doch den Laden umbenennen in „nichtlohnende Gäste“, wurde mit einem verkrampften Lächeln beim Servieren des halben Liters zu stolzen 4,70 € quittiert. Egal, Opa wollte nur einen Schlummertrunk.

 

Opa war schon einmal auf Sylt. Abgesehen von dem bisweilen übertriebenem Chichi des Jetsets ist das eine traumhafte Insel. Landschaftlich abwechslungsreich, endlose Strände, viel Wind (gut, um den Kopf freizukriegen) und kein übliches „Strandpublikum“, was von morgens bis abends zwecks Bräunung den selten makellosen Körper in sonnenmilchgeschwängerter Luft zur Schau stellt. Dafür ist es zu windig und folglich oft zu kalt, zumal „Schietwetter“ eh den rauhen Charakter des Syltschen Wetters bestimmt. Opas Bekannte war das erste mal auf Sylt und hatte davon zwar gelesen, aber wollte es nicht glauben und hatte eher Mallorca-Bekleidung mitgenommen als Funktionsjacke und Thermohose, letzteres besorgte sie sich in einem der zahlreichen Geschäfte und konnte in der Folge am Gesellschaftsleben teilhaben.

 

 

Samstag klapperte Opa mitsamt Begleitung bei wechselhaftem Wetter die Sehenswürdigkeiten der Insel ab. Viel sind´s nicht, aber besser als im Appartment hocken ist es allemal. Dazu gehört die reizende Friesenkapelle...

FOTO Friesenkapelle

 

...diverse Leuchttürme...

 

 

FOTOS Leuchttürme

 

...tolle Dünenlandschaften...

 

 

FOTOS Dünenpanorama

 

 

...und jede Menge Wind. An der Nordspitze in List steht zwar noch das „Stammhaus“ der großen Fischbudenkette, aber das ist mittlerweile derart touristisch verkommen, dass man besser bei einer Alternative einkehrt. Nachmittags riss der Himmel auf und man beschloss, es sich in einem Strandkorb gemütlich zu machen.  

FOTO Strandkorb

 

 

Bei der Rückkehr zur Unterkunft liefen wir an einem Altglascontainer vorbei, den ein „Guten Morgen, Berlin“ Aufkleber zierte. Als Opa den fürs Reisetagebuch fotografierte, wurde er von einem privaten Sicherheitsmitarbeiter angesprochen, nicht, weil Opa etwa suspekt gewesen wäre, sondern weil er auch aus Berlin kam und sich freute, auch einen Berliner zu treffen. Gern erfüllte Opa auch den Wunsch, den Container weiter zu verschönern.  

FOTO Aufkleber

 

Am Abend ging es dann nach der Blamage im Testspiel gegen Neapel (im Jahnsportpark, vermutlich "überraschend" mit gefühlt 3000 Zuschauern nicht ganz ausverkauft) auf Futtersuche. An dem Wochenende fand eine Surfmeisterschaft statt und so waren diverse Buden auf der Strandpromenade aufgebaut. Die üblichen Verdächtigen des Schaustellergewerbes wie Asiapfanne und Bratwurst sagten uns nicht zu, aber ein italienischer Stand weckte unsere Neugier. Leckeres belegtes Brot mit Spanferkel und Antipasti für relativ überschaubares Geld, dazu ein Glas Aperol Spritz und ein windgeschütztes Zelt waren perfekt und pappesatt vom leckeren Spanferkel gingen wir noch in eine kleine Bar, die eigentlich nur aus einem Tresen bestand und von einer Art Alleinunterhalter betrieben wurde. Opa bestellte sich ein großes Bier und bekam als Antwort, man schenke nur in 0,25 l aus. Gut, dann 2 Bier, Opa ahnte, dass der Abend teuer würde. Während sich Opas Begleitung am Aperol Spritz festhielt, hielt Opa den Kellner auf Trab. Man war zwischenzeitlich auf nonverbale Kommunikation umgestiegen. Der Kellner blickte, Opa nickte, schwupps stand ein neues Pils auf dem Tresen. Perfekt. Der Kellner bot zwar ersatzweise noch eine Blumenvase an, aber Opa hatte mittlerweile an der Choreographie Gefallen gefunden. Der Barmann servierte Drinks ohne Ende, war nebenbei noch DJ und Opa hatte Gelegenheit, die anderen Gäste und den Laden zu beobachten, der eine herzlich-urige Gemütlichkeit ausstrahlte.

 

Auf dem Tresen fand sich Werbung für einen Lesbenclub, dazu viele einzelne Herren, dazu Frauen, die durchaus so aussahen, als hätten sie an Männern weniger Interesse, da waren wir wohl in einer Schwuppenbar gelandet. Egal, Opa und der Barkeeper waren zu eingespielt, als dass man deswegen die Location hätte wechseln müssen, zumal der Barkeeper auch echt gute Musik auflegte. Wer mal in Westerland ist und einen entspannten Abend erleben will, dem sei das „Gatz“ ans Herz gelegt, wenn auch die Preise gepfeffert sind. 2,90 € für ein 0,25 l Bierschluck. Ja, es war ein teurer letzter Abend, denn erst gegen 2 Uhr früh spülte es uns hinaus in die Nacht, nachdem wir zu zahlreichen Schlagerevergreens gegröhlt und getanzt hatten.

 

Nach einer erholsamen Nacht ging es am nächsten Vormittag noch ein wenig in den Süden der Insel. Spötter sagen ja, das schönste an Sylt wäre der Blick nach Föhr und Amrum. Im Hafen von Hörnum kann man den sehen und ja, Föhr und Amrum sind auch sehr schön. Aber dazu vielleicht in einem anderen Tagebuch mal mehr. Mittags wollte Opa eigentlich noch zum Amateurfußball, in Westerland gibt es einen Ground, aber ein kleines Nickerchen genoss höhere Priorität und dann brachen wir auch schon auf zurück nach Berlin. Hertha und der Ärger drumherum war für ein paar Stunden vergessen. Danke Sylt – Opa kommt wieder.

 

Reisevorbereitungen

Die Woche vor dem Regensburgspiel wurde neben der Planung des Kulturprogramms auch kommerziell genutzt, die Aufkleber für den Onlineshop waren angekommen und wurde Opa regelrecht aus der Hand gerissen. Wenn das mit den Textilien, die im Zulauf sind, auch so funktioniert, steht dem täglichen Bad im Geldspeicher demnächst kaum noch etwas im Weg ;)  

FOTO Aufkleber

 

 

Nebenher recherchierte Opa noch ein paar Sehenswürdigkeiten, die man in Regensburg gesehen haben sollte, besuchte noch das hochklassige und sportlich umkämpfte Berlinligaspiel von Hürtürkel gegen die Füchse am Columbiadamm...

FOTO Fußball

 

 

...und eh man sich´s versah, war es auch schon Freitag Abend. Opa bruzzelte ein paar Schnitzelchen...

FOTO Schnitzelchen

 

 

…und packte seine Tasche für die Nacht in Regensburg. Samstag früh um acht Uhr fuhr pünktlich die Kutsche vor.  

Anreise

Es ging zunächst nach Coswig (Anhalt), wo ein paar wackere Herthaner die Fahne der Hauptstadt hochhalten, obwohl der Landstrich sonst eher stark von der Magdeburger Fanszene dominiert wird. Nach einem gemütlichen Hackepeterfrühstück machten wir mitsamt riesiger Kühlbox im Kofferraum los. Mit so einem Zwischenstop ist die Fahrt nach Regensburg ein Katzensprung.

 

 

Völlig unspektakulär und mit einem Fahrer, dessen Bierdurst von Kilometer zu Kilometer nachvollziehbarerweise stieg, schaukelten wir Richtung Regensburg, nur unterbrochen von Pipipausen und Leergutentsorgung, während der Fahrer den Gastank seines Autos füllte. Am frühen Nachmittag kamen wir endlich an. Opa hatte als Unterkunft in der direkt auf der Donau Insel liegenden Jugendherberge ein 4-Bett-Zimmer für knapp 100 € gebucht. Nach dem freundlichen Check-In hieß es in bester Jugendherbergsmanier die Betten beziehen, nachdem geklärt war, wer in den Doppelstockbetten oben und wer unten schläft. Und die Unterkunft wurde verschönert:

FOTO Fahne

 

 

Derweil stieß Opa mit unserem tapferen Fahrer schon mit dessen erstem Bier an, bevor wir uns auf den Weg in die Regensburger Altstadt machten.  

Regensburg - Tag 1

Regensburg hatte im Lauf seiner Geschichte häufig Glück. Das Glück, direkt an der Donau gelegen zu sein, sicherte Wasser, Nahrung und Handel. Schon seit der Steinzeit siedelte der Mensch dort, die Römer errichteten dort ein Lager namens „Castra Regina“, woher Regensburg seinen Namen hat. Von größeren Bränden verschont und im zweiten Weltkrieg nicht zerstört, ist sehr, sehr viel mittelalterliche Bausubstanz erhalten geblieben, die nach dem Krieg dem Bau einer Schnellstraße am Donauufer nur überlebte, weil gerade kein Geld für Abriss und Neubau da war. Als dann Geld da war, hatte man schon den Wert der Altstadt erkannt, die seitdem als UNESCO Weltkulturerbe liebevoll gepflegt wird.

 

 

Der Nachteil mittelalterlicher Städte (und gleichzeitig ein Vorteil) ist, dass diese Städte für den Autoverkehr gänzlich ungeeignet sind. Kleine Gässchen, in denen nicht mal zwei Personen aneinander vorbeikommen, wechseln sich mit Marktplätzen ab, deren Namen ihre einstige Funktion als Umschlagplatz für Kohle oder Getreide verraten. Das Panorama der Stadt ist entsprechend imposant:

FOTO Regensburg Panorama

 

 

Opas Reisegruppe war aber noch nicht so richtig motiviert für einen Stadtrundgang. Also kehrten wir in Domnähe in einen Biergarten ein, in dem Bier aus dem Kloster Weltenburg ausgeschenkt wurde und eine zünftige Blaskapelle Musi spielte.  

FOTO Blaskapelle

 

Da uns keine der Regensburger Brauereien in dem Zeitfenster, in dem wir da waren, eine Brauereibesichtigung arrangieren konnte und Opa obendrein jedem erklären kann, wie Bier hergestellt wird, beschlossen wir, unseren mittlerweile aufkommenden Hunger in einer auf Weißbierbrauerei spezialisierten Gasthausbrauerei zu stillen. Weißbier, eine halbe Haxe...

 

 

FOTO Haxe

 

...Opa war im Paradies. Ein, zwei, drei Weißbier später, wir hatten uns mittlerweile draußen hingesetzt, liefen uns die ersten Herthaner über den Weg. Opas Reisegruppe war nachvollziehbarerweise nicht die einzige, die das Spiel für Kulturprogramm aller Art nutzte. Wir ließen uns noch auf einen Absacker in eine Bar in die Fröhliche-Türken-Straße überreden, stürzten den sehr tabascolastigen Mexikaner in uns rein und verabschiedeten uns Richtung Unterkunft, wo eigentlich geplant war, den Abend ruhig ausklingen zu lassen. Naja, wie das immer so ist, war in der Jugendherberge einiges los. Eine Jugendreisegruppe feierte noch, wir setzten uns auf ein Bier (jetzt wirklich das letzte) in den Gemeinschaftsraum und es entwickelte sich die übliche Eigendynamik. Ein Likör aus der Minaralölflasche (sehr witzige Idee, aber so zimtlastig, dass Opa nach einem Nippen die weiteren Schlucke verweigerte), dann ein „oh guck mal, ich hab noch Weinbrand bei“-Drink, begleitet von einem „guck mal, an der Rezeption verkaufen die Bier“-Getränk kam einer auf die Idee, unserer Fürsorgepflicht nachzukommen und aufgrund der Tatsache, dass wir in unmittelbarer Nähe zur Donau übernachteten, eine Seenotübung abzuhalten. Viele blöde Ideen beginnen eben mit „halt mal kurz mein Bier“ :)

 

 

Also wieder zurück zur Donau, ein Plätzchen gesucht und auf die Illuminierung gewartet. Und wie sie sehen, sahen sie nichts. Die Qualität der Seenotzeichen schien in Sachen Leuchtkraft nicht ganz hinzuhauen. Gut, dass das eine Übung war, im Ernstfall wissen wir nun, dass auf die Art und Weise Menschenleben in Gefahr sind.  

FOTO Seenotübung

 

Zurück zur Unterkunft, ein „oh guck mal, die Rezeption ist noch besetzt“-Bier geordert, ein „naja, das lohnt sich ja nicht mit zurückzunehmen“-Drink aus dem Weinbrand gemixt und auf den Beginn der Übertragung des Olympiafinales gewartet, bei dem Opas Kumpel in Rio klar Flagge zeigte:

 

 

FOTO Hertha in Rio

 

Opa war müde, Opa wollte langsam schlafen, aber ein bißchen guckte er doch noch, während einer unserer Mitreisenden schon vorgegangen war. Ja, Opa war gewarnt, dass der Kumpel schnarcht, aber was er dann erlebte, lässt sich kaum in Worte fassen. Dank einer Schnarchapp haben wir aber nicht nur einen akustischen, sondern auch einen optischen Beweis:

 

 

FOTO Screenshot Sägearbeiten

 

 

In einer Tour wurde gesägt, als sollte der Regenwald in einer Nacht abgeholzt werden. Puh, ähm, ja. Opa versuchte einiges, um Schlaf abzubekommen. Sogar ein Umzug ins Auto fand statt, aber da war an Schlaf auch nicht zu denken. Irgendwie, irgendwann übermannte die Müdigkeit Opa und wenigstens ein paar Momente Schlaf kamen zusammen.  

Regensburg - Tag 2

Gerädert und leicht verkatert stand die Reisegruppe am Spieltagsmorgen auf. Nach einer kurzen Dusche ging es in den Frühstückssaal, wo es einfaches, aber zweckmäßiges Frühstück gab, in Billighotels ist es jedenfalls nicht besser als in der Jugendherberge. Allerdings war Opa nicht so gut. Jeder kennt das, wenn es am Vorabend etwas eskalierte, wenn der Kreislauf in Schwung kommt und einem nicht mehr so gut ist :D Opa fühlte sich wie in den Wechseljahren, Hitzewallung auf Hitzewallung, erstmal raus, da waren 12°C und Wind, aber alles besser als in dem lärmenden Speisesaal. Nach 20 Minuten ging es wieder und Opa beendete das Frühstück.

 

 

Nach dem Bettenabziehen und Auschecken ging es zum Kulturprogramm. Zunächst nochmal ein Rundgang durch die Altstadt. Süße Gässchen...

FOTO

 

 

...schiefe Häuser...  

FOTO schiefe Häuser

 

...und selbst der Burgerbrater wird in das mittelalterliche Stadtbild integriert:

 

 

FOTO goldenes M

 

Der Öffentliche Nahverkehr ist sicher ausbaubar, 79 Minuten Wartezeit, da soll nochmal einer über die BVG meckern ;)

 

 

FOTO Anzeigetafel

 

Zwischenzeitlich flatterte via Twitter Herthas neues Kampagnenbild für den Spieltag ein. Meine Fresse, Opa hat zwar jahrelang gefordert, Hertha müsse humorvoller mit sich umgehen, aber die Grenze, sich nicht zum Vollnapf zu machen, sollte man schon einhalten.

 

 

FOTO Herthamotto

 

Und trotz aller Kritik an der neuen Kampagne, scheint man bei Hertha unbeirrt an dem „We Fail“-Käse festhalten zu wollen. Als Herthaner ist man leidensfähig, aber wer hätte gedacht, dass man unter dem Niveau der unsäglichen „Play Berlin“-Lampagne noch Limbo drunter durch machen kann? Hertha kann. Und winkt dabei dämlich grinsend. Hertha muss beim grundsätzlich richtigen Werben um neue Zielgruppen aufpassen, dass es die alten Zielgruppen dabei nicht verliert, die sich für den Scheiß abgrundtief schämen. Aber es sollte noch schlimmer kommen, dazu später mehr.

 

 

Zurück zum Kulturprogramm: Eine Sehenswürdigkeit in Regensburg ist die Kirche St. Jakob mit dem berühmten Schottenportal. Irische Wandermönche ließen sich um die Jahrtausendwende in Regensburg nieder und da man diese Skoten nannte, heißt das Portal Schottenportal, auch wenn es mit Schotten nichts zu tun hat.  

FOTO Schottenportal

 

 

In der im Stil der Romanik erbauten Kirche, die auch als Pilgerkirche des Jakobswegs dient, ist der Unterschied zu den wenig später erbauten Kathedralen der Gothik gut erkennbar. Zwar ist St. Jakob beeindruckend hoch, aber von der Leichtigkeit der Architektur der Gothik ist man hier weit entfernt. Es geht eher rustikal-solide zu.

FOTO St. Jakob Innen

 

 

Weiter ging es durch enge Gässchen zurück zum Donauufer, wo wir uns auf ein Getränk niederlassen wollten. Wenn in engen Gassen Autoverkehr stattfindet und man keinen Platz hat, ein Schild aufzustellen, dann hängt man es in Regensburg einfach quer über die Straße:

FOTO Verkehrsschild

 

 

Am Sonntag Vormittag eine Tränke zu finden, ist in Regensburg ein schwieriges Unterfangen. Während in Berlin alle Locations offen haben und die Gäste sich über Billiglachs des Brunchbuffets hermachen, stehen in Regensburg vor den geschlossenen Cafés die Stühle noch angeschlossen. Immerhin Gelegenheit, die Statue von Don Juan D'Austria zu bewundern, dem Sohn von König Karl V. und Barbara Blomberg und dem Bruder des spanischen Königs zu bewundern.  

FOTO Don Juan

 

 

Gegenüber am barocken Rathaus zeigt sich der Einfallsreichtum der Bauherren. Wenn man kein Fenster hat, dann kann man das auch aufmalen.

FOTO Malfenster

 

Endlich, endlich fanden wir einen Biergarten, der schon offen hatte. Opa hatte Durst und was trinkt man in Bayern zur Brotzeit? Richtig, ein Hefeweißbier, diesmal aus der Brauerei Bischofshof.

 

 

FOTO Weißbier

 

Slogan: „Das Bier, was uns zu Freunden macht.“ Würde Hertha Bier brauen, würde der Slogan wohl eher „Ist uns egal, was ihr davon haltet, aber da ihr den Scheiß eh trinkt, geben wir uns keine Mühe, ein gutschmeckendes Bier zu brauen“ heißen. Neudeutsch auch verkürzbar auf die Formel „we fail“.

 

 

Gestärkt ging es in den Dom, wo wir erstmal die Messe abwarten wollten, bevor wir diesen besichtigen. Beim letzten Besuch von Opa in Regensburg zum Ligaspiel vor 4 Saisons war der Dom gesperrt, nun gab er seine ganze Pracht zum Anblick. Ausführungen über die Faszination der Gothik und ihrem neuen Baustil erspart Opa seinen Leser an dieser Stelle. Auch gibt’s diesmal keine Erklärung von Strebebögen. Seht euch einfach satt an der Pracht, den silbernen Altar, den Statuen, Bildern, der Orgel und den prachtvollen Fenstern.  

FOTOGALERIE Regensburger Dom

 

Ein Blick auf die Uhr, huh, jetzt aber los, denn wir hatten ein straffes Programm vor uns. Zielmarke war es, gegen 16:30 Uhr auf dem Stadionparkplatz zu sein.

 

 

Und vorher wollten wir noch zwei „Must See“ sehen, wenn man in Regensburg ist. Opas Antwort, auf die Frage, wann wir los müssen, hieß: Sofort. Dabei war Sofort in einem Geschäft, an dem wir vorbeikamen, wohl gerade aus:

FOTO Sofort

 

 

Und auch die Ruine am Donauufer, die im ersten Moment aussieht wie der Rest der abgefackelten Regensburger Antifa...

FOTO Antifa Ruine

 

...hielt uns nicht länger auf (in Wahrheit streitet sich der Eigentümer seit Jahrzehnten mit der Stadt über die Nutzung und lässt die Immobilie seit 20 Jahren verfallen. Es scheint jedenfalls keinen Zusammenhang mit der Antifa und dem Brand zu geben. Quelle: http://www.mittelbayerische.de/region/regensburg-stadt-nachrichten/der-schandfleck-im-welterbe-stoert-alle-21179-art1250668.html).

 

Kloster Weltenburg

Die eine Sehenswürdigkeit findet sich 35 km von Regensburg entfernt. Dort, kurz vor Kehlheim, ist eine Engstelle der Donau, auch Donaudurchbruch genannt. Dort ließen sich im 8. Jahrhundert Benediktinermönche nieder und gründeten das Kloster Weltenburg. Heute eine touristische Attraktion und wunderschön gelegen. Warum muss man das Kloster gesehen haben? Erstens, weil dort eine der schönsten Barockkirchen der Welt steht. Derart viel Pomp und Kitsch findet man nirgends sonst.  

FOTOGALERIE Klosterkirche

 

Zweitens ist es dort landschaftlich derart schön, dass man etwas verpasst hat, wenn man nur zum Stadionbesuch zum Abklatschen hinfährt. Die Donau plätschert vorbei und lädt zum Verweilen ein.

 

 

Panorama Donauufer

 

Drittens muss man in Weltenburg gewesen sein, weil dort eine der ältesten Brauereien der Welt steht, die noch heute in Betrieb ist. Seit 1050 wird in Weltenburg Bier gebraut und man versteht dort etwas davon. Man kann es praktischerweise dort auch gleich trinken, während man aufs wirklich empfehlenswerte Essen wartet. Es ist bumsvoll und es sieht aus wie Tourimassenabfertigung, darunter leidet aber nicht die Qualität. Auch davon könnten sich andere Unternehmen, die mit Verköstigung Geld verdienen, eine dicke Scheibe abschneiden.

 

 

Die Haxe und der Schweinsbraten hervorragend und mit knuspriger Schwarte, von der man nichts übrig lässt, weil sie so wunderbar krachend ihr köstliches Aroma im Mund freigibt, welches man mit einem Schluck Weltenburger Dunkles perfekt abrundet.

FOTOGALERIE Speis und Trank

 

 

Gern wäre Opa noch ein wenig geblieben. Dass wir so schnell gingen, lag nicht daran, dass am Nebentisch Peter Maffay samt Begleitung aufschlug und die Aufmerksamkeit des selfiemachenden Servicepersonals auf sich zog, sondern weil wir noch einen weiteren Programmpunkt hatten. Vorher wurde sich jedoch noch für die nächste Auswärtsfahrt versorgt:

FOTO Fassbier

 

 

„Weiter, weiter...“ - Opa trieb seine Reisegruppe an.  

Walhalla

Wir wollten noch zur Walhalla, der von König Ludwig I. gestifteten Ruhmeshalle im Stil der Akropolis, die über der Donau thront und kluge und verdiente Köpfe in Form von Büsten beherbergt.  

 

FOTO Walhalla aus dem Auto

 

 

Vor der Besichtigung ist jedoch erstmal kraxeln angesagt gewesen, ein steiler Fußweg führt vom Parkplatz durch einen Wald, bis die Ruhmeshalle in ganzer Pracht plötzlich vor einem steht.  

FOTO Walhalla von links

 

Vor der weiteren Besichtigung wollte die Reisegruppe jedoch erstmal einen Schluck trinken. ein mobiler Verkaufsanhänger hatte drei Bierbänke aufgestellt und servierten Bio-Flaschenbier zu 3,50 € zzgl. 1 € Pfand in eisekalt. Bei der Pfandrückgabe zickten sie jedoch herum. Erst konnten sie keine 3 € rausgeben, weil sie nur noch Scheine hatten. Als unsere Mitreisende dann mit 2 € klein hinging, hieß es, dass sie nur noch 20 € Scheine hätten und da platzte Opa die Hutschnur. Laut und deutlich vernehmbar wurden die beiden Hansel ins Achtung gestellt und klargestellt, dass der Anhänger gleich den Abhang runterrollt, wenn die nicht sofort das Geld rausrücken.

 

Der eine grinste vor Angst dümmlich vor sich hin, der andere pöbelte erst zurück, bekam dann aber doch Zweifel vor der eigenen Courage, als Opa selbstsicher und schimpfend wie ein Rohrspatz, er solle aufhören, seine Gäste zu verarschen, zur Bremse an der Deichsel schielte. Und plötzlich tauchten doch 3 € Kleingeld auf, die sie erst nicht haben wollten. Trottel. Aber Opa war wenige Stunden vor Anpfiff endlich auf Auswärts-„Betriebstemperatur“. Und klare Empfehlung: Wer an der Walhalla was trinken will, sollte es sich mitbringen. Oder sich mit den Haltevorrichtungen von Anhängern auskennen.

 

 

Zum Abklingen besichtigten wir die Walhalla. Grenzwertig für Menschen mit Höhenangst (es gibt kein Geländer und wirklich hohe Stufen drumherum), aber die atemberaubende Architektur und der grandiose Blick übers Donautal entschädigen für vieles, auch das Gekraxel oder den Ärger mit den Trotteln.  

FOTOGALERIE Walhalla

 

 

Die 4 € Eintritt sparten wir uns aber. Da gerade die Tür aufging, konnte Opa auch für umme einen Blick auf die an sich langweiligen Büsten werfen. Wenn mal Zeit ist und es regnet, freut man sich sicher über ein Dach über dem Kopf, aber bei bestem Sonnenscheinwetter und angesichts unseres Zeitdrucks war es richtig, sich das zu klemmen.  

FOTO Ruhmeshalle

 

„Weiter, weiter...“ - Opa drängelte, das Stadion rief, der Blutdruck stieg.

Endlich ins Stadion

Die Zufahrt zum Gästeparkplatz ist bestens ausgeschildert, das Ordnungspersonal freundlich - trotz Käfighaltung und Fantrennung. Pünktlich mit Erreichen des Parkplatzes setzte ein Platzregen ein und beendete vorzeitig das Treffen von Opa mit einem Exilherthaner aus Regensburg, der nachdem es später aufhörte zu regnen, verschwunden war. Naja, das nächste mal dann ;)

 

 

Dafür fiel Opa ein Pärchen auf, was mit zwei Motorrädern mit Linzer Kennzeichen (LL = Linz Land) angerückt war. Opa ist ja nicht schüchtern und fragte, wie es dazu käme. Exil-Berliner, die in Linz die blauweiße Fahne hochhalten und zu dem einen oder anderen Auswärtsspiel im süddeutschen mit Motorrädern anrücken. Sympathisch verrückt auf jeden Fall.  

FOTO Linzer Kennzeichen

 

Bei der Gelegenheit traf Opa noch eine weitere Exilherthanerin aus Regensburg, die sich zum Reingehen Opas Reisegruppe anschloss. Eine knappe Stunde vor Anpfiff tapperten wir langsam Richtung Gästeeingang, der unterirdisch und abgezäunt vom Heimpublikum vom Parkpatz zu erreichen ist.

 

Auf dem Parkplatz, auf dem Weg zum Eingang und sogar drinnen überall „Bullissei“ von der bayerischen Spezialeinheit, die für ihr rüdes Auftreten berühmt-berüchtigt ist und sich bis heute um solche Dinge wie Kennzeichnungspflicht nicht weiter schert und stattdessen schon mal bei Kleinigkeiten „die große Hafenrundfahrt“ mit einem Beschuldigten macht. Dass die Truppe regelmäßig sogar von Amnesty international angeprangert wird, scheint man in Bayern eher als Auszeichung zu sehen. Die Truppe ist übrigens mit Berliner Hilfe aufgebaut worden, man holte damals Berliner Behelmte der berüchtigten EBLT, die mit extremer Brutalität, Holzschlagstöcken mit Eisenkern und offensichtlich großer Freude Demonstrationen auseinanderknüppelten. In Berlin hat man diese Einheit 1989 aufgelöst, in Bayern wabert der unselige Geist dieser Form der Staatsgewalt bis heute über die Straßen, die nicht nur bei Opa Auslöser und initiale Ursache war, zu bestimmten Teilen der Exekutive mit „kritischer Distanz“ zu stehen.

 

 

Der Einlass war professionell organisiert, die Ordner auffallend freundlich und entspannt. Drinnen der übliche „Betonzweckbaucharme“ moderner Stadien. Sichtbeton und offene Leitungen, wohin das Auge blickt. Das mag zweckmäßig sein, schön ist anders.  

FOTOGALERIE Impressionen

 

Das neue Stadion gehört übrigens der Stadt Regensburg, wie fast alle Stadien in den ersten Ligen unter Mitwirkung der zuständigen Gemeinde gebaut wurden. Weshalb man bei Hertha eine Lösung mit einem privaten Investor sucht, ist daher nur schwer zu verstehen und Hertha könnte ja auch statt peinlicher Tweets im Minutentakt sich dazu mal inhaltlich positionieren. Herthas Bauhistorie lässt im Übrigen nichts Gutes erahnen. Der Spaten, mit dem man den symbolischen Spatenstich fürs Museum gemacht hat, dürfte mittlerweile verrottet sein und das Fanhaus scheint trotz angeblich größerer eingesammelter Gelder eine Fata Morgana zu sein, dessen Bauzeit sich am Hauptstadtflughafen zu orientieren scheint. Wobei der Flughafen vermutlich eher an den Start geht als dass den Fans das versprochene Fanhaus zur Verfügung steht. Hertha BSC Traditionsverein eben.

 

Im Übrigen sei an der Stelle darauf hingewiesen, dass der Senat den Jahnsportpark für 170 Mio. € umbauen wird. Mit dem Schwerpunkt Behindertensport und Leichtathletik, das bedeutet Komplettüberdachung des Stadions, neue Tribüne, aber mit Laufbahn. Opa findet, dass an der Stelle wenigstens darüber diskutiert werden sollte, ob man da nicht ein Ringtauschprojekt draus machen könnte. Hertha bekäme in der Innenstadt ein 40.000er Zweckbau als reines Fußballstadion an traditionsreicher Stelle (Hertha spielte in der Anfangszeit auf dem Exer, der unweit der Stelle war, wo heute der Jahnsportpark steht). Und die Leichtathleten bekämen im Olympiapark alles, was es braucht, um glücklich zu sein. Für alle Sportarten. Mit viel Platz. Und einem tollen Leichtathletikstadion. Auch wenn Opa abschweift, aber wenigstens sollte mal darauf hingewiesen werden, dass der Senat gerade ziemlich viel Geld für fragwürdige Zwecke verpulvert, wo am Ende keinem wirklich mit gedient ist.

 

Zurück nach Regensburg: Da hatte die Stadt ein lukratives Angebot für das innerstädtisch gelegene, alte Stadiongelände angenommen und am Stadtrand, zwischen Autobahn und Real-Parkplatz, einen neuen Zweckbau hingestellt. Der Jahn, ähnlich klamm und sportlich volatil wie unsere Hertha, nahm das gern an. Mit rund 12.000 Zuschauerplätzen auch für Spitzenzeiten in Liga 2 gut gerüstet.

 

Opa hatte seine Stehplatzkarte gegen einen Sitzplatz getauscht und diese Entscheidung erwies sich als goldrichtig, denn der Stehplatzblock war bumsvoll. Im Laufe des Spiels wurde wohl Druck aus dem Kessel gelassen, indem man diejenigen, die rüberwechseln wollte, auch rüberließ. Das schien ohne größere Diskussionen zu gehen und auch die von Hertha mitgereisten Ordner schienen da ihre Aktien dringehabt zu haben, dass man das in Regensburg unbürokratisch und ohne Eskalationen gelöst bekam. Es gibt ja oft genug Anlass zur Kritik am Verhalten von Ordnungsdiensten, daher kann man ja auch mal loben, wenn es so läuft, wie es laufen muss.

 

 

Auf dem Weg zum Sitzplatz fiel Opa ein Aufkleber auf, der von Jahnfans beinahe unglücklich überklebt worden war. Ein Kleber über das „FÜR“ und die Forderung bekäme eine ganz andere Bedeutung :D

FOTO Mehr rechte Fußballfans?

 

Und wo wir gerade bei Aufklebern waren: Opa wurde an seinem Platz mit einem hübschen Schnapstrinkermotto empfangen:

 

 

FOTO Pfeffi statt Pfefferspray

 

 

Hertha und Pokal? Das ist eine sehr „spezielle“ Beziehung. Wir haben uns schon schlimmer blamiert und die erste Runde sollte man eh immer nach dem Motto „Das eine Pokalspiel kann man schon mal auswärts fahren“ angehen. Und so spielte Hertha auch in bester Tradition weitgehend so blamabel, wie es Herthaner gewöhnt sind. Ob es das war, was man unter Traditionsverein verstehen sollte?  

Pink? Ernsthaft pink?

Ein Wort abseits des Sportlichen muss Opa dann aber doch noch verlieren: Es deutete sich im Laufe des Tages schon an, eingeleitet durch den Auftritt von Herthas Maskottchen im ZDF Fernsehgarten, wo Herthinho im pinken Leibchen antrat. Hallo? Geht´s noch? Wir Fans besingen in jedem Spiel zigfach unsere blauweißen Farben, in denen wir vor 85 Jahren schon zweimal deutscher Meister wurden und Hertha schickt seine Spieler in diesem unsäglichen Pink auf den Platz? Schon im Vorfeld war doch klar, dass das nicht auf Gegenliebe bei den Fans trifft. Ja, Opa ist bekannt, dass es ein Trikot geben muss, welches nicht die sonstigen Farben beinhaltet. Dafür gab´s in der Vergangenheit mal elegante (rotschwarz, dunkelblauschwarz, schwarz, rot mit Bär) und mal weniger elegante (gelb) Lösungen. Und nun also pink? Hat der Ausrüster dafür extra Geld hingelegt?

 

Opa ist aufmerksam genug zu wissen, dass es eine Schnittmenge Fans gibt, denen das pinke Trikot gefällt. So wie es einige gab, denen das gelbe oder das Trikot gefiel, das zum Halbfinale im Design des verhassten Wettbewerbers aus Gelsenkirchen aufgelegt wurde. Grundsätzlich ist das okay, die Vielfalt der Hertha Fanszene erfordert, dass man Diversität aushält, auch wenn Opa das eher an Fasching erinnert. Auch wird es sicher einige geben, die das Trikot schon allein deshalb tragen, um die Ultras zu ärgern. Soll jeder machen. Aber wenn der Verein den Kotau vorm Ausrüster macht, muss er es aushalten, dass der Teil der Fans, die das grauenhaft finden, ihrem Unmut vernehmnar Luft verschafft. Und so wurde statt die Mannschaft anzufeuern in erster Linie gegen das Trikot gepöbelt. „Uns're Farben sind blauweiß, nieder mit dem pinken Scheiß“, gefolgt von jeder Menge Liedgut, die das Farbschema blauweiß besingen. Zaunfahnen wurden bis auf eine auch nicht aufgehangen. Die, die hing, war ein klares Statement zu blauweiß.

 

 

Liebe Hertha Verantwortliche, macht ruhig weiter so. Ignoriert ruhig die Fans, die sich auch in schlechten Zeiten aufmachen, den Verein zu unterstützen, die auch bei Minusgraden gegen unattraktive Gegner hunderte Kilometer reisen, um sich grauenhaften Fußball anzugucken. In dieser Disziplin seid ihr nämlich unschlagbar. „Bläh-Berlin“ passt zu Euch wie das peinliche „We fail“ (ohne learn) und das pinke Trikot ist das perfekte Symbol dafür, dass Euch die Meinung der Fans scheißegal ist. Am besten tragt ihr es selbst, damit ihr für alle erkennbar seid. Und auch wenn die Fans das alles mit sich machen lassen, erhöhen diese Peinlichkeiten nur das Potential, mit dem sich der Frust eines Tages entladen wird. Sagt nicht, ihr hättet das anders erwartet. Was ihr tut, tut ihr vorsätzlich und in vollem Bewusstsein, den Fans vors Schienbein zu treten, die in jahrelanger Arbeit dem Verein erst die Identität zurückgegeben hat, die ihr in schlafwandlerischer Sicherheit mit Discobällen, Pleitegeiern und Gedächtnisringen über Bord geworfen hattet. Und als man dachte, wir wären auf einem guten Weg, kommt ihr mit Pink um die Ecke. „Pretty in Pink“ war ein süßer Film in den 90ern, „ugly in pink“ ist Hertha im Jahr 2016. Die Nummer ist auf jeden Fall noch nicht ausgestanden. Wer seinem Unmut Ausdruck verleihen will, findet im Opashop auf jeden Fall die passenden Aufkleber. 

WERBUNG Aufkleber

 

 

Opa schaute sich noch ein wenig um und entdeckte am Mundloch einen Herthaner mit der Rückenbeflockung www.exilherthaner.de – Opa grüßt nach Niedersachsen. Wenn ihr zum Heimspiel nach Berlin kommt, meldet Euch!

 

 

Zum Einlauf präsentierten die Regensburger eine Choreo, die durchaus doppeldeutig zu verstehen war. Das Motto „Nur einmal international“ konnte man nämlich als Ausdruck des Wunsches deuten, durch den Sieg im Pokal einmal international zu spielen, man konnte es aber auch als Verhöhnung über Herthas blamables Ausscheiden in Bröndby verstehen. Opa lächelte milde, für das wechselhafte sportliche Niveau der Regensburger scheinen die eine durchaus aktive und verlässliche Fanszene zu haben und die subtile Spitze hält man als Herthaner durchaus aus.  

OTO Choreo

 

 

Der Herthablock war laut und scheppernd vernehmbar, auch wenn der Support sich weniger ums Spiel als um die Trikotfarbe drehte, die in den Augen weh tut. Laut waren wir jedenfalls, Opa hat´s nachgemessen. 106 dB Schalldruck laut App.  

FOTO Screenshot App

 

Das Spiel plätscherte dahin, Hertha hatte durchaus einige Chancen, spielte aber vernehmbar verkrampft, man stand weiter zu tief, den 6ern fehlten weiterhin die Anspielstationen und obendrein liefen die Regensburger die ballführenden Spieler von Hertha konsequent an, eine Spielweise, die bei Hertha brandgefährlich ist und so kamen die Regensburger zu Chancen, dass man sich die Haare hätte raufen können. Ballführende Regensburger wurden eher eskortiert, Hertha machte ohne Not das Spiel gefährlich. Es war eher glücklich, dass den Regensburgern nach ihrem Führungstor irgendwann die Kräfte ausgingen und Hertha nach Systemumstellung auf 4-4-2 plötzlich Chancen im gefühlten Minutentakt hatte, ohne aber diese nutzen oder hinten sicherer zu stehen. Spöttische Kommentare wie „nächste Saison treffen wir Regensburg in der Liga wieder“ machten die Runde. Das beste am Spiel schien das hochnotpeinliche pinke Trikot zu sein.

 

Dass doch noch der erlösende Ausgleich fiel, war zwar gerecht, verlängerte jedoch nur das Leiden. Auch in der Verlängerung wurde Herthas Spiel weder schöner noch erfolgreicher. Chancen waren da, genutzt wurden sie nicht. Also ging es ins Elfmeterschießen, was Hertha glücklich für sich entscheiden konnte. Keine Selbstverständlichkeit, es gab im Pokal schon mal ein Elfmeterschießen, bei dem kein Herthaner seinen Schuss im Tor versenken konnte. 2002 gegen Holzbein Kiel war´s. Nach Ausgleich durch Preetz ging es ins Elfmeterschießen. Pinto, Schmidt und Hartmann traten als Schützen für Hertha an, keiner traf, nach dem dritten verwandelten Elfmeter der Kieler war Feierabend. Peinlich aus dem Pokal fliegen kann Hertha. Doch genug des Rückblicks.

 

Opa war ganz entzückt, dass jemand im Stadion seine Aufkleber verteilt hatte.

FOTO Aufkleber

 

Zu einem Zwischenfall kam es zu Beginn der zweiten Halbzeit. Da der Stehplatzblock sehr schmal war, ragte das hochgehaltene Spruchband in den Sitzplatzblock hinein. Wer ein Ticket in der ersten Reihe gekauft hatte und mit der Fankultur der Spruchbänder nichts anfangen kann, der kann darüber schon mal erbost sein, wenn ihm einige Minuten die Sicht geraubt wird. Dass man aber aufsteht, schubst und das Spruchband zerreist, geht gar nicht und so entwickelte sich überflüssigerweise eine kurze Schubserei, die allein ob der Kräfteverhältnisse klar entschieden wurde. Das Spruchband jedenfalls wurde weiter gezeigt. Es waren genug Plätze frei, für ein paar Minuten einen Platz weiter oben zu nehmen. Konfliktaustragungen dieser Art im eigenen Block sind so mit das sackdämlichste, was es im Fußball gibt.

 

Tja, so richtig freuen konnte sich über den Sieg keiner. Als die Spieler in die Kurve kamen, gab es eindeutige Sprechchöre und Gesten, sie mögen doch die pinken Trikots ablegen. Entweder hat Hertha die Spieler nicht gebrieft oder man hat denen was falsches gesagt, anders ist die Reaktion der Spieler nicht zu erklären, die wegen der peinlichen Auftritte der letzten Wochen nach Opas Geschmack ohnehin etwas demütiger auftreten sollten. Am Ende gab´s von einem Spieler den „Scheibenwischer“ in Richtung Fans. Auch so etwas sackdämliches. Opa ist fest davon überzeugt, dass die Spieler verstünden, dass und wie es den Fans wichtig ist, in welchem Trikot gespielt wird und dass das pinke Trikot derart polarisiert, dass man das nach Spielende auch ablegen kann. Das wäre mehr als Symbolik und würde Team und Fans zusammenschweißen. So gibt Hertha ein Bild der Zwietracht ab. Etwas, was Hertha traditionell gut kann.

 

 

Mit zynischen Sprüchen wie „locker weiter“ oder „ham' wa die verhau'n“ ging es Richtung Gästeparkplatz. Nochmal schnell Pipi und dann fuhren wir kurz nach 22 Uhr los. Die Abreise war ähnlich gut organisiert wie die Anreise. In gefühlt 2 Minuten waren wir auf der Autobahn. in anderen Stadien, die Opa bisher mit Auto besucht hat, dauert das deutlich länger. Durch die Nacht ging es Richtung Heimat, wir reflektierten noch ein wenig das tolle Wochenende, bevor wir gegen 3 Uhr nachts todmüde in der Heimat ankamen. Opa bedankt sich bei seinen Mitfahrern, das waren 2 sehr intensive, sehr lustige Tage, die noch lange nachwirken werden. In vielerlei Hinsicht.