Evolution und Genugtuung

Manchmal ist es gut, einen Spieltag mit einem gehörigen Abstand zu betrachten. Hätte ich sofort nach dem letzten Spiel des Spieltages meine Gedanken niedergeschrieben, wäre wahrscheinlich noch mehr belustigendes über den Fischsaurier von der Elbe gefolgt.

 

Nichts desto Trotz, die Auswärtsfahrt war der Hammer und ich habe eine Hertha sehen dürfen, die sich souverän zurück ins Spiel gebracht hat.

 

Hertha war quasi der Komet, der auf dem Planet Bundesliga einschlug und ein Aussterben von nicht geahnter Art auslöste. Das älteste Urviech der Liga liegt im sterben.

 

Doch ehrlich gesagt, war mir vor dem Spiel ein wenig mulmig. Nicht das mich die Sorge umtrieb, der Hasespfau lernt auf einmal, von einem Tag auf den nächsten, erfolgreich Fußball zu spielen. Nein das war es wirklich ist.

 

Es war der Umstand, dass ganz Fußball Deutschland nach Hamburg geguckt hat, um zu sehen wie jener Club, der Fußball Deutschland seit Jahrzehnten durch seine Arroganz und Selbstüberschätzung penetriert hat, unter seinen neuen Trainer -deren Namen man sich nicht merken muss- spielen wird. Denn immer dann, wenn es also ein wichtiges Spiel mit hohem öffentlichen Interesse und Beteiligung meiner „alten“ Dame gab, war es Hertha, die das Spiel in den Sand setzte.

 

Umso erfreuter und glücklich war ich bei Spielende. Die Haespfauer konnten nicht verstehen, das Ihnen literweise die Kübel der Häme über den Dinoschädel gekippt wurden.

 

Nun, ich habe die Sprechchöre der Hanseaten bei unseren beiden letzten Abstiegen nicht vergessen....und manchmal trifft es eben zu, das man sich zweimal im Leben sieht.

 

Interessanterweise, kommt aus dem Umfeld des Haespfau immer noch keine Demut. Im Gegenteil. Ich musste mir Sätze anhören wie, “ja wollte Ihr lieber Sandhausen an Stelle des Haespfau in der Bundesliga?“ oder „Ihr werdet uns noch vermissen.“ Beides konnte ich mit „ja“ beantworten. Zum Einen ist mir ein relativ nichtssagender Verein in der Bundesliga lieber, wenn er sich den Aufstieg hart erarbeitet hat, als eine „Wildcard“ für vermeintliche Dinos. Nicht wir haben den Haespfau in Schieflage gebracht, das hat der Verein schon selbst geschafft. Ja natürlich werden mir die Haespfauer irgendwann auch fehlen. Es ist eben schön, wenn die Gästekurve voll ist oder das Auswärtsspiel in einer interessanten Ortschaft stattfindet. Doch zunächst sollen sie mindestens 2 Jahre in den unteren Ligen schmoren. Soviel angesammelte Selbstgefälligkeit, wie bei den Fischköppen bekommt man nicht in einer Saison raus.

 

Der FC aus Köln zuckt ebenfalls noch. Vor diesem Hintergrund, ist es doppelt gut, das Hertha gewonnen hat.

 

Jetzt kann man ganz entspannt das Restprogramm bestreiten und vielleicht sogar einen eigenen Beitrag zur 50+1 Diskussion einbringen.

 

Hertha hat sich bei der entscheidenden DFL Abstimmung enthalten. Schade, eine klare Haltung gegen 50+1 wäre mir lieber gewesen. Das hätte mehr für das Image gebracht, als so manche bemühte Werbekampagne. Wie könnte nun, so ein eigener Beitrag aussehen?

 

Nun, ganz einfach. Ein überzeugender Sieg gegen Wolfsburg, diesem Nichts aus Niedersachsen, dem Schrecken aller ICEs, der Schlafortschaft vom Mittellandkanal würde Wolfsburg ebenfalls in die Niederungen der 2. Liga drücken. Dieser Verein hat es Kraft der Millionen von VW immer wieder verstanden, einen guten Kader zusammen zu kaufen. Nur was hilft es, wenn sich die Spieler nicht mit dem VfL identifizieren? Wie soll das auch gehen? Wolfsburg hat nichts wofür man sich als junger Spieler interessieren könnte, außer Geld. Da hilft keine Badelandschaft am Allersee oder die (kein Scherz!) „Volkswagen Currywurst“. Die Folge: Söldner, wohin man schaut. Hertha hat also das nächste richtungsweisende Spiel vor sich und Köln kommt auch noch!

 

Wie fragte mich doch ein Haespfauer nach dem Spiel ängstlich. „Wie ist es denn eigentlich so in der 2.Liga?“ Die Frage scheint zwar blöd, ist aber ein Schritt in die richtige Richtung. Er war der Erste, den ich am Sonnabend getroffen habe, der zumindest den Eindruck erweckt hat, die Realität zu erkennen.

Drum war meine Antwort auch versöhnlich: „Die 2.Liga ist so schön, ein Jahr reicht nicht aus, um alle Schönheiten zu erfassen.“

 

Am Hauptbahnhof hörte ich einen weiteren geläuterten Haespfauer. Er bezeichnete uns als „Schweine“. Recht hat er. Nach dem Tod der Dinos, begann schließlich das Zeitalter der Säugetiere. Ich hätte nicht gedacht, dass Fossilien so schnell lernen können.

 

Ich finde, mit Köln, Wolfsburg und -wenn die Lizenzierung klappt -auch dem HSV, stehen drei würdige Absteiger parat.

 

Ha Ho He Euer Knut

P.S. Hamburg färbt ab, ich träume wieder von Europa. 