Gut gemeint ist nicht gut gemacht.

Das Spiel meiner Hertha am Freitag gegen Mainz war wohl die erbärmlichste Vorstellung die ich in den letzten Jahren erlebt habe. Es war eine bodenlose Frechheit, was die Spieler um Pal Dardai den treuesten der Treuen geboten haben. Es war lausig kalt. Es war spät und dennoch haben 30000 den Weg ins Stadion gefunden. 30000! Es sind die Fans die es verdient haben, dass sich jeder der spielenden Herren den Arsch aufreißt. Doch das was wir erleben durften war eine nicht zu entschuldigende Arbeitsverweigerung.

Gut, wenn ihr kein Fußball spielt, brauche ich auch nicht über Fußball zu schreiben.

 

Zeit also, einmal sich mit den politischen Botschaften der Bandenwerbung zu befassen.

„Deniz Free “ war dort zu lesen.

Vorneweg, mir geht es nicht um Deniz Yücel in Person. Ich kenne ihn nicht. Es geht mir auch nicht um die Bewertung Einzelner, Ihrer Arbeit oder Ihrer Herkunft.

Ich stehe auf dem Standpunkt, dass kein Staat der Welt das Recht hat, scheinbar willkürlich Menschen einzusperren und ohne Anklage ein oder mehrere Jahre wegzuschließen. Haben diese Menschen einen deutschen Pass, ist es die Pflicht unseres Auswärtigen Amtes sich dieser Menschen anzunehmen. Wir dürfen nicht anfangen, zwischen vermeintlich gut oder böse zu selektieren. Das empfinde ich als grundsätzlich falsch. 

Ich halte es da mit einem Zitat, das Voltaire, seines Zeichens Philosoph und Berater des Alten Fritz, zugeschrieben wird: 

"Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst."

Das bedeutet, wir müssen denen, die das Recht beugen bzw. brechen Paroli bieten. Immer. Die Diplomatie hatte Erfolg. Deniz Yücel ist frei. So weit so gut.

Warum hat es mich dann gestört, das der Slogan „#Deniz Free#“ im Stadion gezeigt wurde?

Das Politik im Stadion nichts zu suchen hat, ist es nicht. Das ist ohnehin nie so gewesen.

Ich erwarte sogar von einem Verein wie Hertha, das er politische Verantwortung übernimmt. Dass er beispielsweise über die Jugendakademie Einfluss darauf nimmt, das unsere jungen Spieler demokratische Werte vermittelt bekommen.

Was mich aber stört ist, das Statements wie „#Deniz Free#“ bei mir wie eine „billige“ PR Aktionen ankam.

Ich nehme den Machern dieser Statements die Ernsthaftigkeit nicht ab. Es ist Ausdruck eines von externen Marketingstrategen ausgeheckten Versuchs eines Imagewandels meiner Hertha. Eine Werbeaktion also. Neben Werbung für Wettbüros oder der CG Gruppe darf es auch ein bisschen Zivilcourage sein. Trauma durch Folter? Die AOK hilft. Hunger in der Welt? Rinti Hundenahrung. Ha Ha. Ein Imagewandel funktioniert aber nur, wenn die Fans mitgenommen werden. Das hat Herthas Führung offensichtlich bis heute nicht verstanden.

Außerdem sind mir Menschenrechte zu wichtig, als das sie zum Teil einer Werbestrategie gemacht werden. Einer Werbestrategie, die weder die jetzigen Fans mitnimmt, noch neue „ZuHerthageher“ erzeugt.

Herthas Zuschauer sind in Ihrer Mehrheit durchaus kritisch aber zum Glück sind wir auch nicht St. Pauli, dem Verein von der Elbe bei dem man alleine durch die Mitgliedschaft die höchste Stufe der politischen Korrektheit erlangt. So wie im Mittelalter sich der Sünder durch Geldzahlungen an die Kirche von seinen Verfehlungen frei kaufen konnte. Wir sind Hertha. Wir wollen überzeugt werden. Eine Bandenwerbung ist mir da zu plakativ, zu billig, deplatziert und zu Effektheischend.

 Mit solchen Aktionen gewinnt man niemand dauerhaft für meine Hertha hinzu. 


Letztendlich zählt ohnehin nur die Leistung auf dem Platz. Am Sonnabend können die Jungs wieder die treuen Fans versöhnen. Mit einer beherzten Leistung gegen den Rekordmeister. Das es geht, weiß ich. Ich habe 1977 den letzten Auswärtssieg meiner Hertha gegen Bayern live miterlebt. Auch wenn das heute keiner mehr wissen will, wir, also alle Auswärtsfahrer haben Dank der Fanfreundschaft zu den Bayern und insbesondere zum Fanclub Südkurve 1973 damals in deren Kurve gestanden und laut unseren Sieg gefeiert. Die Bayern waren damals nicht sehr amüsiert aber sie haben es über sich ergehen lassen. Am Ende haben wir in deren Fankneipe noch so einige „Goasmoass“ getrunken. Bedröppelte Gesichter der Bajuwaren würde ich auch am Sonnabend begrüßen. Dann lautet vielleicht die nächste Marketing-Bandenwerbung im Olympiastadion #Bayern zero# #Hertha three#.

 

Ha Ho He Euer Knut