#73 - Opas Reisetagebuch – 9. - 11.8.2018 – Trainingslager Schladming- Tag 6, 7 & Rückreise - Akropolis Adieu!

Tag 6

Morgenstund hat Blei im Arsch. Der Donnerstag war seit ein paar Tagen als schönster Tag der Woche vorhergesagt und so bemühten wir uns um einen Platz in der Frühgondel rauf auf den Dachstein, mit knapp 3000 Metern die höchste Erhebung der Steiermark und Oberösterreichs, beide Bundesländer beanspruchen den Berg für sich und das dürfte vertrackte Auseinandersetzungen um die Einnahmen auf dem Gipfel nach sich ziehen. Egal, Opa wollte mal wieder rauf auf den Berg, auch, weil dieser eine in diesen heißen Tagen willkommene Abkühlung verspricht.

 

Wer um 8:15 Uhr von der Talstation abfahren will, sollte eigentlich mit dem Bus um 7:20 Uhr von Schladming aus eigentlich pünktlich ankommen. Sollte, denn der kam erst mit einer Viertelstunde Verspätung und verlor auf dem Weg durch enormen Andrang nicht nur weitere Minuten, sondern legten ob der gefühlten Überfüllung bei einigen Mitfahrern die Nerven blank. Wohlgemerkt bei einem Zustand, der in Berlin nicht mal annähernd als überfüllt empfunden würde. So betätigte sich Opa als Stimmungskatalysator, indem er rumzickenden Fahrgästen Ordnungsmaßnahmen anbot, wenn sie nicht mit dem Rumjaulen aufhören. Die Kombination aus grßo, kräftig, böse gucken, deutliche Ansage machen und Glatze wirkt manchmal Wunder. Geht ihr mal weiter zum Friseur ;)

 

In Sachen Pünktlichkeit scheint der Österreicher dann doch mehr Italiener zu sein, allerdings gilt das beruhigenderweise auch für die Improvisation, denn mal ließ die Seilbahn auf die Gondelfahrer aus dem Bus warten. Als wir in den Wartebereich gelassen wurden, schwebte die Gondel auch schon ein:

FOTO Gondel

 

Aufgrund Opas Höhenangst suchte er sich einen Platz in der Mitte abseits der dort unsinnigerweise angebrachten Glasscheibe, mit der man nach unten aus der Gondel gucken kann. Wer erfindet so etwas? Vermutlich die selben, die oben auf der Gondel im Balkon todesmutig mitfahren. Opa versuchte die Gedanken an die Höhe zu verdrängen und genoss den majestätischen Ausblick auf den aus dem Ennstal aufsteigenden Morgennebel. Berge sind schon schön, auch im Sommer. Sommer ist es allerdings nicht, was einen oben auf der Bergstation erwartet. Nach einem Ausstieg aus der Gondel, der z.T. über eine Gittertreppe erfolgt, durch die man gefühlt hunderte Meter in die Tiefe gucken kann und die mit Opas Höhenangst nicht zu korrespondieren vermag und die Opa gegenüber vor ihm stehenbleibenden Zeitgenossen zu robusten Ansagen und rustikalem Schubsen nötigt, wird man nicht nur durch wirklich tollen Ausblick entschädigt, sondern freut sich angesichts der Temperaturen im Tal bzw. daheim über sich wirklich frisch anfühlende Temperaturen unterhalb von 15°.

 

Oben auf dem Dachstein befinden sich mehrere Gletscher und einige Touristenattraktionen, die Opa jedoch für völlig überflüssig hält, zum einen gibt’s einen Balkon über dem Abgrund und eine Treppe ins nichts, dazu eine Seilbrücke mit allerbestem Ausblick nach unten. Sinnlos für Menschen mit Höhenangst. Und dann gibt’s noch die Eiswelt, in der man ganzjährig Eisskulpturen zeigt, wie sie mittlerweile bei jedem besseren Catering zu sehen sind. Naja, gibt anscheinend genügend Menschen, die sich so etwas ansehen wollen, Opa wollte jedoch nach Fotos im Gletscher...  

FOTOS Gletscher

 

...mit denen er vor Hitze stöhnende Daheimgebliebene necken wollte, erstmal Frühstücken, denn ob des frühen Aufstehens hatten wir das ausfallen lassen. Also rein in die Bergstation, ein paar mittelprächtige Spiegeleier bestellt, an der Kaffeestation an der Tatsache verzweifelt, dass es in Österreich keinen „Kaffee“ gibt, sondern nur „Verlängerter“ oder „großer Brauner“, die ganz toll schmecken, aber eben eine italienische Abart dessen sind, was Opa unter einem Morgenkaffee versteht, mit der Kassiererin geflunkert und dann raus auf die Terasse, wo man bei allerbester Aussicht aufs Gipfelkreuz in Ruhe frühstücken kann.  

FOTO Frühstück

 

Derweil trafen die ersten wütenden Proteste aus der Heimat an, wie man so fies sein könne, Fotos von einem im Schnee zu schicken, während vormittags das Quecksilber auf dem Theromometer schon mehr als 30° anzeigte. Hihi, Opas Kalkül war aufgegangen. Opa verewigte sich beim Reinbringen des Geschirrs im Gipfelbuch...

FOTO Gipfelbuch

 

...um sich dem zweiten Teil des Frühstücks zuzuwenden, dem Morgenbier. Frühstück ist die wichtigste Mahlzeit des Tages und wir sind im Trainingslager.  

FOTO Bier vor Gipfel

 

Angenehm fällt auf, dass in der Steiermark lokales Bier ausgeschenkt wird, was im Gegensatz zum „internationalen Approach“ der deutschen Brauereien-Unsitte nicht über hunderte oder gar tausende Kilometer transportiert werden muss. Liebe Brauer: Opa möchte in Berlin ein Berliner Bier und in Duisburg ein Duisburger Bier und nicht diese Kaspereien die ihr macht, dass man im Hamburger Stadion ein Duisburger Bier bekommt. Nutzen wird Opas schimpfen wohl wenig, aber es muss ab und an mal raus, dass Opa langsam die Nörgelei alter Leute überkommt. Wenig Hoffnung macht übrigens auch, wenn Opa junge Frauen sieht, die französisches Mineralwasser aus der in der Armbeuge getragenen Handtasche zur Schau stellen. Mädels: Das Wasser aus dem Hahn sollte Euer Statussymbol sein, damit würdet ihr Klugheit zur Schau stellen. Opa könnte das unendlich fortsetzen über sündhaft teuren von Kinderhand zusammengeklebten oder -genähten Plastikmüll (genannt Sneakers oder Trikots) über die Tatsache, dass es mittlerweile fast überall Sushi, Döner, Burger oder Pizza gibt, aber kaum noch regionale Küche. Wird Opa alt, weil er sich über das reichhaltige Angebot regionaler Küche und von identitätsstiftendem Brauchtum in Österreich freut?

 

Zum Brauchtum Österreichs gehört auch eine eigenartige Grammatik, im Radio werden Sonderangebote statt „für“ X € oder „kostet nur X €“ beworben mit „um nur X €“. Das ist allerdings noch einigermaßen verständlich. Schwieriger wird’s dann an der Fleischtheke. Nun wissen viele Menschen heute mit Fleischpartien einzelner Tiere nichts mehr anzufangen, aber in Österreich braucht auch Opa einen Dolmetscher um zu verstehen, was ein Lungenbraten (Schweinefilet) oder Karée (Rücken) ist. Das Faschierte (Gehacktes) sollte ja allseits bekannt sein. Österreicher kochen auch nur mit Wasser, nennen es nur anders ;) Aber dann entdeckte Opa noch ein echtes Bonmot für „Ach Österreich, Du und Deine Rechtschreibung“:  

FOTO den oder die?

 

Opa hatte zu wenig Zeit auf dem Gipfel, um sich weiter darüber Gedanken zu machen, um 11:15 Uhr war schon die Talfahrt gebucht und es hieß Abschied nehmen vom Gipfel, den man natürlich auch zu Fuß erklimmen kann, wie Spuren im Geröll zeigen. 

FOTO Geröll

 

In der Talstation angekommen war noch Zeit für ein schnelles Bier, also holte Opa und einer seiner Mitfahrer sich direkt am stickerbeklebten Tresen ein Frischgezapftes und Opa las im ersten Moment etwas von einer Suff- und Segelschule und er wünschte sich schnell ein Bier gegen die Leseschwäche.

FOTO Suffschule

 

Mit dem Bier bewaffnet noch ein wenig raus in den Biergarten, beim „Bussl-Platz'l“...

FOTO s' Bussl-Platz'l

 

...kurz gefragt, warum beim Platz'l und beim s' ein Hochkomma als Auslassungszeichen steht und beim Bussl nicht. Putzig klingt's ja, aber wer soll das verstehen? Ja, an Opa ist ein Romantiker verloren gegangen. Gluckgluckgluck, das Bier lief eiskalt die Kehle hinunter, als wir uns über ein am Nachbartisch sitzenden, etwas betagteres Pärchen amüsierten, deren Hund exakt so aussah wie das verkleinerte Modell einer alpinen Kuh neben ihnen und wir uns sorgten, dass die beiden das falsche Tier mitnehmen. Egal, diesmal fuhr der Bus pünktlich ab und brachte uns Richtung Tal.

 

Nach einer üppigen Brotzeit (mit leckerem Kümmelbrot) gingen Opa und ein Mitfahrer nach dem Motto „Eis geht immer“ in die Fußgängerzone, genossen von einer charmanten lederhosenträgerhosentragenden Bedienung gebrachte Eisbecher und wunderten sich plötzlich über die Lautsprecherdurchsagen. Die freiwillige Feuerwehr machte Werbung für ihren am Wochenende stattfindenden und „Fetzenmarkt“ genannten Flohmarkt.  

FOTO Lautsprecherdurchsagen

 

Beim Warten aufs eher mittelprächtige Abendessen radelten einige Spieler an Opas Reisegruppe vorbei und suchten ganz offensichtlich mit ihren Handys Orientierung, die sie nach dreimaligem Hin- und Herfahren dann entweder fanden oder es aufgaben, nach etwas zu suchen. Einige Fußballer (einige tätowieren sich den eigenen Namen und das eigene Geburtsdatum auf den Unterarm) sollten offensichtlich sehr, sehr froh sein, mit Fußball viel Geld zu verdienen und ansonsten gepampert zu werden. Vielleicht hängt das eine ja auch mit dem anderen zusammen. Wer von morgens bis abends verhätschelt wird, findet am Ende des Tages nicht den Weg zum Supermarkt. Wird Opa alt, weil ihm solche Gedanken durch den Kopf schießen? Nichts, was sich nicht mit einem Haselnussschnaps hinunterspülen ließe.

 

Den brauchte es allerdings als Vorbereitung für die für den Abend und als großes Event angekündigte Livemusik in der Fußgängerzone. Puh, eine drittklassige Coverband brachte recht eigenwillig interpretierte Hits zum Besten, die sich Opa nicht mal mit zahlreich offerierten alkoholischen Getränken schöntrinken wollte. Ein echter Publikumsmagnet war es eh nicht...  

FOTO Liveauftritt

 

...und so nutzten viele Zuhörer genau wie Opa die Gelegenheit, in der nach den ersten 45 Minuten eingelegten Bandpause zu entschwinden, zumal die Getränkepreise an den Bierbuden Festivalniveau hatten und sich vor allem durch ignoranten Service auszeichneten. Nö, da schmeckt Opa das Bier daheim auf dem Balkon am rauschenden Bach bei guten Gesprächen über Gott und die Welt viel besser. Hat es doch Vorteile, alt zu werden? Opa schlief mit diesen Gedanken ein.

 

Tag 7

Es wurde am vorletzten Morgen Zeit, die zwischenzeitlich angelegten Vorräte zu verbrauchen und da Opa auch morgens gern am Herd steht, servierte er den Mitfahrern ein kleines warmes Buffet zum Frühstück.  

FOTO Frühstück

 

Während die einen noch einmal zu einer letzten Fahrradtour aufbrachen, von der sie kuriose und exclusiv für Opas Reisetagebuch angefertigte Fotos wie dieses mitbrachten...  

FOTO Baum frisst Schild

 

...und ein großer Teil der Herthaner sich aufs von Hertha als lästige Pflicht empfundene Foto der mitgereisten mit der Mannschaft drängelten, wollte Opa nochmal entspannen und wie geht das am besten? Mit einem Nickerchen unmittelbar nach dem Frühstück begann das Wellnessprogramm. Und zum Vernichten der Vorräte gehört ja auch, nicht unnötig viele Kaltgetränke zurückzulassen, von denen wir uns aus Angst zu verdursten ein klein wenig zu üppigen Vorrat angelegt hatten.

 

Das Leben kann so herrlich sein, wären da nicht Zeitgenossen, die vom heimischen Bildschirm aus in einem der prominenten Herthablogs Gerüchte über die Probleme bei Hertha beschäftigte Menschen streuen, die ihnen „zugeraunt“ wurden. Ja, Opa kennt solche Gerüchte und vielleicht ist das eine oder andere dran, aber es macht einen Unterschied, ob man das am Stammtisch einigermaßen diskret äußert oder ob man das coram publico exponiert. Nicht einmal auf die zum Zwecke des Brückenbaus gestellte Nachfrage, ob derjenige meint, dass solche unappetitlichen Gerüchte in die Öffentlichkeit gehören, gab es kein noch mögliches „Da bin ich wohl übers Ziel hinausgeschossen“, sondern es wurde als Motivation für solches armseliges Verhalten angegeben, „um Antworten zu provozieren, die vielleicht mehr Infogehalt haben“. Es gibt echt Zeitgenossen, die einem den Urlaub und das Leben versauen können und denen Opa manchmal wünschte (was er wegen der Karmapunkte nicht tut), dass diejenigen mal am eigenen Leib verspüren, wie das ist, wenn Gerüchte mehr oder weniger öffentlich die Runde machen, die nicht in die Öffentlichkeit gehören und welche Folgen das haben kann.

 

Nachdem Opa schon mal die ersten Sachen gepackt und abreisefertig gemacht hatte, überraschten ihn zwei seiner Mitfahrer, die beschlossen hatten, vorzeitig und kurzfristig abzureisen. Vielleicht wollten sie dem für den Bettenwechselsamstag vorhersehbarem Verkehrschaos entgehen, Opa weiß es nicht, aber die beiden haben einen echt duften Abend verpasst.

 

So gingen wir nur noch zu dritt zu Fuß zum Spiel. Einer unserer Mitfahrer hatte sein Leihfahrrad schon abgegeben und die beiden anderen wollten nicht mit dem Fahrrad fahren und einen laufen lassen. Auf dem Weg zum Spiel fand weitere „Vorratsreduktion durch Flüssigkeitszufuhr“ statt, wir bewunderten alte Werbeschilder, wo „fließendes Kalt- und Warmwasser“ noch ein Alleinstellungsmerkmal zu sein schien...

FOTO Werbung

 

…und beobachteten den Frust vieler mitgereister Fans über die Eintrittspreise für ein Testspiel gegen einen unbekannten, griechischen Verein, zumal die einheimische Bevölkerung diesmal nicht den Weg ins Stadion gefunden hatte, denn zeitgleich mit dem Anpfiff fand das Feuerwehrfest statt. So waren im Publikum außer ein paar versprengten, griechischen Gastarbeitern nahezu ausschließlich Herthaner zu finden, von denen einige ihre Fahnen mitgebracht hatten...  

FOTOS Fahnen

 

...andere wiederum daheimgebliebenen gute Besserung wünschten.

FOTO Gute Besserung

 

In dem Fall betrifft das einen der Mitgründer eines Fanclubs, den Opa mal gegründet hat und der später dann Opa mit ein paar Mitstreitern „rausgeekelt“ hatte und mit dem er sich erst vor einiger Zeit ausgesprochen hatte. Auch diesem wünscht Opa gute Besserung und das nicht nur wegen der Karmapunkte, sondern weil man kranken Menschen genau das wünscht und nicht „zugeraunte“ Gerüchte streut. Opa kann trotz all seiner eigenen Fehler sowohl in den Spiegel als auch anderen Menschen ins Gesicht schauen. Doch zurück zum Spiel und dem drumherum.

 

Ein Fan brachte seine Tochter mit, die die Tribüne unterhielt und die ein „Heidi“ Kleid anhatte, bei dem Opa nicht herauskriegen konnte, ob diese Kleiderwahl Zuneigung zum Urlaub in den Bergen oder zu einem der Vorsänger von Hertha mit gleichem Spitznamen ausdrücken sollte.  

FOTO Heidi

 

Viele wären nicht Herthaner, wenn diese nicht die „aktuell günstige Einlasssituation“ am Stadion dafür nutzen würden, um eigene Getränkevorräte mitzubringen. In Schladming kann man das schon mal machen, überhaupt ist dort alles sehr familiär und entspannt.  

FOTO Getränkevorräte

 

Gespielt wurde auch. Herthas Gegner war wohl eher als Motivationshilfe eingeflogen, gegen den die Spieler sich ein Erfolgserlebnis holen sollten. Teilweise wurden die Griechen schwindelig gespielt, es gab gerade in der ersten Halbzeit sehenswerte Kombinationen zwischen Mittelstädt aus der LAV Position, der dem „DJ“ genannten und sehr positiv auffallendem Jastrzembski bediente, der wiederum zum Tor von Ibisevic vorlegte. Wenn das auch gegen „richtige“ Mannschaften klappt, soll das Opa recht sein, eine neue Spielidee, wenn der Gegner tief steht und die Räume extrem eng sind, war leider nicht zu erkennen und so wurden diese Phasen mit Quer- und Rückpässen zum eigenen Torwart überbrückt. Opas Erwartungen an eine attraktivere Spielweise in der neuen Saison sind daher eher übersichtlich, aber wer bei der WM zugeschaut hat, dürfte festgestellt haben, dass man mit einer solchen Spielweise sogar Weltmeister werden kann.

 

Und so fielen im Testspiel gegen Aiginiakos FC ganze sieben Tore, ab Tor 4 sangen die ersten Herthaner das Hammerlied („Eins und zwei und drei und vier – soviel Tore schießen wir“), nachdem die brutal laute und zum Mitschunkeln und -klatschen animierende Torjubelmusik vom Stadionsprecher eingespielt wurde, der sich sonst vermutlich als DJ auf Kneipenparties verdingt. Lasst die Leute doch Jubeln, ohne sie akustisch zu ersticken, es gibt kaum etwas schöneres als diesen Moment, Opa möchte diesen so natürlich wie möglich genießen. Immerhin hat er nach 5 Jahren Trainingslager in Schladming gelernt, das Berlin hinter Hertha BSC wegzulassen.

Ab dem fünften Tor stimmten Opa und seine Mitfahrer das Lied „Akropolis Adieu“ von Mirreille Matthieu an.

VIDEOLINK Akropolis Adieu

 

Unser mit mittlerweile leicht lallendem Zungenschlag vorgetragenes Lied amüsierte uns sehr, die fragenden Blicke vieler jugendlicherer Fans, die diese Pretiose auf international getrimmten, deutschen Liedguts nicht kennt, waren uns vollkommen wurst, wir hatten Spaß. Hat es doch Vorteile, älter zu werden?

 

Sportlich war das Spiel einigermaßen wertlos, weshalb sich Opa dem Drumherum weiter widmete. Er bewunderte die kunstvoll tätowierten Waden eines sonst recht unscheinbar aussehenden, älteren Herren...

FOTO Tatoos

 

…der seine Hundedame „Hertha“ nennt und mit dieser regelmäßig bei Hertha zu finden ist.  

FOTO Hertha

 

Am Ende des Testspiels stand es auf dem Platz 7:0 für Hertha. Es hätte locker zweistellig werden können, wenn der Lininenrichter nicht merkwürdige Abseitsentscheidungen getroffen hätte, die vermutlich eher dem eigenen Unwillen zum Sprint entsprangen als dem, was auf dem Platz zu sehen war. Neben dem Platz stand es vor Opa 15:2. 15 leere Bierbecher gegen zwei volle, die wir auf dem Weg raus aus dem Stadion noch weiter leerten.  

FOTO Bierbecher

 

Vor dem Stadion verabschiedeten wir uns von Herthanern, die noch in der Nacht heimfahren wollten und entdeckten auf dem Weg in die Innenstadt wild campende und vom Boden essende Briten in VW Bussen. Das muss diese berühmte britische Esskultur sein ;)  

FOTO Esskultur

 

Wir wankten weiter an der Enns entlang Richtung Fetzenmarkt, da wollten wir wenigstens noch „auf ein Getränk“ vorbeischauen. Auf dem Weg dorthin kam Opa ein Einwohner Schladmings entgegen, der offensichtlich eine Störung auslebte, indem er jeden beschimpfte, der ihm entgegenkam und dem Opa mit einem beherztem Berliner „Halt die Schnauze“-Gruß von Herzen gute Besserung wünschte. Völkerverständigung kann so einfach sein.

 

Angekommen am Fetzenmarkt empfing uns zunächst das Warnschild, welches die beiden dort auf die Besucher wartenden Gefahrenquellen präzise aufführte.  

FOTO Warnschild

 

Denn der Fetzenmarkt ist nicht nur Flohmarkt, sondern auch Volksfest. Neben der Halle, in der normalerweise die Feuerwehrfahrzeuge parken, gibt’s den Trödel...

FOTO Halle

 

...daneben auf der Freifläche ist ein riesiges Festzelt mit Bühne aufgebaut, wo Livemusikanten gekonnt für richtig Stimmung sorgen.  

FOTO Festzelt

 

Die Luft im Zelt war jedoch ähnlich heiß wie die Stimmung und die Blusenausschnitte einiger bedirndelter Damen. Das war Opa ein bißchen „zu vülle“, weshalb er sich draußen vorm Zelt im Sinne der Völkerverständigung mit seinen Begleitern an einen Tisch saß, wo noch Platz war, die beide mit ihren Herthatrikots auffielen wie Opa mit seinem Hertha International T-Shirt, was er anlässlich des griechischen Gegners auf österreichischem Boden angezogen hatte. Ja, ist keine Euroleague, sportlich aber kaum schlechter ;)

 

Und so kamen wir mit neugierigen Tischnachbarn ins Gespräch, die uns zunächst zusicherten, wir müssten uns wegen unseres Outfits keine Sorgen machen, was Opa mit einem „wir nicht, aber ihr“ konterte. Beruhigen kann Opa :) Aber wir waren ja da, um den letzten Abend gemütlich mit dem einen oder anderen Bier ausklingen zu lassen. Opa unterhielt sich angeregt mit der Familie am Nachbartisch über Fußball, über österreichische Fußballspieler im Allgemeinen und Valentino Lazaro im Besonderen, der ja dankenswerterweise Opas Weihnachtsfeier 2017 besucht hatte und dabei auch seine Qualitäten abseits des Platzes unter Beweis gestellt hatte. Die Frau von Opas Tischnachbarn stupste Opa in die Seite und wies nocht ganz ohne Stolz darauf hin, dass ihr Mann Teamarzt von RB sei. Ups, man ist ja als Fan auf alles vorbereitet, dass man Fans verschiedenster Couleur trifft, aber dass der Teamarzt eines regelmäßig an der CL Quali scheiternden Dauermeisters sich nicht nur gegenüber Herthanern outet, sondern auch noch sitzen bleibt, ist dann doch eher ungewöhnlich, aber der weitere Verlauf des Gesprächs war trotz dieses Makels, einen Offiziellen eines von vielen Fußballfans verhassten „Mateschitzkonstrukts“ am Tisch sitzen zu haben nicht weniger harmonisch auch über fußballfremde Themen wie z.B. die Absurdität von innereuropäischen Grenzkontrollen im Jahr 2018. Er selbst ist gebürtiger Schladminger, auch wenn er jetzt am Uniklinikum in Salzburg praktiziert. Wer weiß, vielleicht gibt’s demnächst ja mal an einem herthaspielfreien Wochenende ein Opas Reisetagebuch aus Salzburg? Als Arztkofferträger hat Opa sicher gewisse Qualitäten :)

FOTO RB Teamarzt

 

Auf dem Weg zum kostenfrei nutzbaren (sic! 1) Klocontainer, auf dem es vorbildlicherweise auch zu vorgerückter Seife und Handtücher (sic! 2) gab, stolperte Opa noch über einen sombrerotragenden Einheimischen...  

FOTO Sombrero

 

...wie überhaupt alle Anwesenden einen megaentspannten Eindruck machten und verkaufsfördernd dürfte es für einen Flohmarkt auch sein, wenn nach Einsetzen der Wirkung der verabreichten Alkoholstimulanz Sätze wie „das ist so doof, das muss ich haben“ fallen. Opa wäre gern noch geblieben und sogar die Bedienung namens Hanna (oder Hannah?) war traurig, als Opa aufbrach, immerhin versprach sie ihm, auf ihn zu warten, der nächste Fetzenmarkt ist allerdings erst in zwei Jahren. Gut, dass Opa nicht altert ;)

 

Vorbei an Mitbringseln, mit denen man auch seine daheimgebliebene Frau glücklich machen könnte...

FOTO Mangel

 

...ging es durch das nächtliche Schladming Richtung Unterkunft, wo wir glückselig und nach einem rundum gelungenen Abend für die letzte Nacht in die Kojen fielen. „Danke Schladming, Opa kommt gern wieder“ waren die letzten Gedanken, die vom „Akropolis Adieu“-Ohrwurm überdeckt wurden, bevor Opa mit dem Sägen begann.

 

Rückreise

Nach einem kurzen Frühstück zu einer Uhrzeit, wo es draußen noch dunkel war und dem Kochen größerer Kaffeevorräte ging es los mit Packen. Opa fuhr das Auto vor, spielte Kofferraumtetris und nachdem im Kofferraum alles verstaut war, versuchten wir den Fahrradträger so gerade wie möglich ans Auto zu montieren, was im Gebirge eine echte Herausforderung ans Augenmaß bedeutet. Noch die Räder festgezurrt, den Schlüssel beim verständnisvollen Vermieter mit dem Hinweis abgegeben, wir müssten ein paar Getränkevorräte da lassen und dann hieß es mit einer klitzekleinen Träne im Augenwinkel Abfahrt Richtung Heimat. Die Uhr im Cockpit zeigte 6:50 Uhr an, die Strecken auf google Maps waren alle grün und so fuhren wir die Ostumfahrung Richtung Liezen und von dort aus weiter Richtung Passau. Die Täler zum Teil noch nebelbedeckt, die Alpen zeigten noch einmal ihre ganze Pracht in der aufgehenden Morgensonne, man möchte dieses Panorama daheim als Fototapete haben, bevor einen wieder der nächste Tunnel verschluckt.

 

Je näher man der deutschen Granze kam umso aggressiver wurde der Fahrstil einiger Verkehrsteilnehmer, die es offensichtlich gar nicht nicht eilig genug haben konnten, endlich Gas geben zu dürfen. Die deutschen Grenzkontrollen verlangsamen den Verkehr und führen selbst bei so wenig Verkehr wie er Samstag frühmorgens herrscht zu Stau. An gelangweilt dreinblickenden Polizisten, die sich der Sinnlosigkeit ihres Tuns maschinenpistolenbewaffnet bewusst zu sein scheinen, ging es danach weiter Richtung Regensburg, wo wir bei einem Bäcker eine Pause für eine Leberkässemmel einlegten, die so gut war, dass Opa noch eine zweite davon aß. Nach einem Tankstop in Hof erreichte Opa das Domizil des einen Mitfahrers in Coswig, dockte die Fahrräder ab, entlud in Ludwigsfelde den anderen Beifahrer und erreichte am Nachmittag dann Berlin Neukölln. So schön die eigene Heimat auch ist, Opa hatte bereits wieder Fernweh und war sicher nicht das letzte mal in Schladming und seinen liebenswerten Schrulligkeiten.