Von Ziegenböcken und Koberindern

Der 13. Spieltag war für mich immer noch durch den Europapokaltag am Donnerstag geprägt.

Nicht nur das es spannend zu sehen war, ob und wie meine Hertha die ärgerliche Niederlage in Bilbao kompensiert, sondern auch ob die Liebhaber von Hennes den Achten ihren Sieg gegen Arsenal in Vorwärtsenergie umsetzen konnten oder nur ihren tristen Bundesalltag entfliehen wollten.

Vor allem stand ich am Sonntag immer noch unter dem Eindruck einer bemerkenswerten Autofahrt nach Bilbao. 2000 Kilometer hin und 2000 zurück. Wer mich und meine 5 Mitfahrer für bekloppt gehalten hat, hat natürlich Recht aber das war ja auch der Charme des Ganzen. Für unsere Mannschaft machen wir eben Dinge, die mit Logik und Vernunft ganz sicher nicht zu erklären sind. Das Schöne ist, man muss es auch nicht erklären.

 

Ich werde bei Gelegenheit in den nächsten Tagen noch einen eigenen Bilbao Bericht nachliefern um diesem Spiel mit ihren rund 3500 bestens aufgelegten blauweißen Fans etwas mehr Platz zu geben. Nur soviel. Europapokalspiele im Ausland machen süchtig. Steigern aber auch das Gefühl der Internationalität. Insbesondere wenn man 4000 Kilometer hinter sich gebracht hat. Ich fühlte mich noch am Sonntag wie ein Weltenbummler. Genauer wie ein gutes Stück Japan. Zumindest teilweise. Ja Japan. Kennt Ihr Kobe? Diese schöne Stadt in Japan die nicht nur durch ihren sagenhaften Wiederaufbau nach dem Erdbeben von 1995 bekannt ist, sondern auch durch ihre besonderen Kobe-Rinder. Genau wie ein Kobe-Rind fühlte ich mich nämlich nach der Bilbao Fahrt. Kobe-Rindern sagt man nach, dass sie mit Bier gefüttert werden und ihre Körper gut massiert werden, damit Ihr Fleisch eine besonders mürbe Struktur und eine exzellente Marmorierung mit feinen Fettäderchen erhält. Was soll ich sagen, besser könnte ich meinen Hintern nach der Fahrt durch Westeuropa nicht beschreiben.

 

Tja, Europapokal bildet nicht nur sondern bringt einen auch zurück an die (Stehplatz-) Wurzeln. Zugegeben, ich genieße es schon hier und da schon im Stadion zu sitzen oder wenn ich auswärts nicht dabei bin, mich vor dem Fernsehgerät im Sessel zu räkeln. Doch mein Hintern sprach noch Tage nach der Fahrt zu mir. „NEIN!“ „AUF KEINEN FALL HINSETZEN“  und mir wurde klar, wie schön es ist, ein Spiel im stehen sehen zu können.

 

Das Spiel gegen Köln war so ein Spiel. Stehend sah ich eine Kölner Mannschaft, die wahrscheinlich als erster Pokalfinalist (egal ob national oder international) der Bundesliga-Geschichte absteigen wird. Was im Pokal einigermaßen funktioniert ist in der Bundesliga wie weggeblasen. Gut für uns aber meine Hertha war auch erstaunlich clever und (trotz Bilbao) voll motiviert und ließ letztendlich den Kölnern kaum eine Chance. Auch gab es diesmal kein Störfeuer aus der Kölner Videozentrale und Bibiana Steinhaus pfiff so gut, dass es mich im Nachhinein immer noch aufregt, dass diese Unparteiische Frau von den Herren Tuchel und Fandel klein gehalten wurde.

 

Zugegeben, Hertha hat nicht überragend gespielt aber diesmal bewahrheitete sich der Spruch vom „guten Pferd das nicht höher springt als es muss.“ Hertha hat 3 sehr sehr wichtige Punkte eingefahren. So besteht erst einmal nicht die Gefahr in die unteren Gefilden rein zu rutschen.

Überhaupt war dieser Spieltag ganz nach meinem Geschmack. Die Bayern zeigten Nerven und gaben mit der Niederlage gegen Gladbach ihren Trainer Jupp Heynckes rechtzeitig vor Weihnachten, seine Menschlichkeit wieder. Es war schon entlarvend, wie Don Jupp vom Bayern Anhang zum Messias stilisiert wurde. Entlarvend deshalb, weil dieser Heiligenkult deutlich gemacht hat, wie sehr Niederlagen den gemeinen Bazi aus den Tritt bringen kann. Ach ja und da war ja noch das 4:4 im Ruhrpottderby. Man kann Gelsenkirchen hassen oder nicht mögen, einige lehnen sie auch nur ab, wiederum andere finden sie doof aber die Aufholjagd war schon à la bonne heure.

 

Doch bei aller Lobhudelei, so dämlich um erst einmal in einer Halbzeit 0:4 zurück zu liegen, muss man auch erst einmal sein. Besonders wichtig für uns, war aber die Niederlage unseres nächsten Gegners aus der Bankenstadt gegen die Pharmazeuten vom Rhein. Da diese Niederlage ein wenig Zwietracht bei den Möchtegern Adlern gesät hat. Fredi Bobic z.B. hat noch was Gutes in der Niederlage gesehen und fabuliert, „Leverkusen hat eine tolle Mannschaft“. „Das ist ein Team, das um die Champions-League-Plätze mitspielen kann. Und wir waren mit ihnen auf Augenhöhe.“

 

Niko Kovac war da nach dem Spiel offensichtlich anderer Meinung: „Ich weiß, was die Bundesliga hergibt, ich weiß, was meine Mannschaft kann. Und wir sind nicht auf diesem Niveau, das uns einige aufoktroyieren wollen.“ Das klingt ein wenig so, als wenn die alte „Zwietracht-Frankfurt-Krankheit“ wieder ausbricht und die mit dem Hähnchen auf der Brust sich mal wieder nicht auf ein gemeinsames Ziel einigen können. Ein Umstand der den „Randalemeistern“ schon mehrmals sportlich das Genick gebrochen hat. Mir soll es Recht sein.

 

Ich jedenfalls will wieder nach Europa, ich will wieder mit Bekloppten ferne Ziele ansteuern. Doch bis es soweit ist, muss ich mich wohl noch ein wenig gedulden. Na gut, schicken wir eben erst einmal die Hessen mit einer Niederlage nach Hause. Das Potential dazu haben wir. Wir müssen eben nur mal mehr zwei Hälften so spielen, wie in der 1. Halbzeit in Bilbao.

 

Ha Ho He Euer Knut

 

P.S. Für die Statistiker unter Euch. Hertha ist seit dem Köln Spiel auch in der Rubrik der meisten Bundesligaspiele auf Platz 12 der ewigen Bundesligatabelle mit 1161 Spielen vor Bochum mit 1160.