Hertha und der chinesische Investor?

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Dass Geld im Fußball die Welt regiert, sollte nun keine sonderlich neue Erkenntnis sein, das ist schon in der Kreisklasse so. Wer keinen Mäzen oder potenten Sponsor hat, schafft nur selten mal einen Aufstieg, angesichts dessen, was schon in Ober- und Regionalliga an Antrittsgeldern gezahlt werden muss, damit sich die Fußballer die Schuhe schnüren.

 

Dass der Einstieg von KKR nur ein Zwischenschritt (und keine Lösung) war, war doch von Anfang an klar wie Kloßbrühe. Und dass eines Tages 50+1 fällt, darf nun auch keinen ernsthaft überraschen, die Büchse der Pandora ist doch seinerzeit schon mit Leverkusen und Wolfsburg geöffnet worden. Wir haben doch heute schon faktisch Investorenclubs in den Ligen. Vizekusen, Golfsburg, Hopp, Kind, Audi, RB, die Sechz’ger sind doch alle nur noch „Abteilungen“ eines Konzerns oder Investors. Bei den Bauern stecken ja auch Audi, Allianz und die Telekom drin, diese Entwicklung wird man nicht mehr zurückdrehen.

 

Und den Romantikern sei gesagt, dass es auch in den unteren Ligen nicht anders ist, da sind die Maßstäbe nur anders. Daher ist es grundsätzlich richtig, dass Hertha sich auf die Suche nach Investoren macht. Beruhigend wirkt dabei, dass man eben keine bestimmenden, sondern eher partnerschaftlich-strategisch orientierte Investoren sucht. Und selbst wenn da jemand im Aufsichtsrat sitzt, formal hat in einer Kommanditgesellschaft außer dem Komplementär eh keiner was zu sagen und dieser wird von Hertha bestellt. Ein Modell Ismaik oder Fuschl wird es in Berlin nicht geben. Zumindest so lange wir erstklassig bleiben. Was im Fall eines Abstiegs passiert? Nun, man muss kostatieren, dass nach den letzten beiden Abstiegen schon so etwas wie ein Plan vorhanden war und dass dieser durch die (teuer erkauften) Wiederaufstiege auch erreicht wurde. Sofern Hertha in eine Situation versetzt wird, auch zu Zweitligazeiten vorübergehend wettbewerbsfähig zu sein, müssen wir angesichts unserer Ausgangssituation tatsächlich wohl zufrieden sein, auch wenn mir bewusst ist, dass das nicht jedem gefällt.

 

Zur Beruhigung der Romantiker sei gesagt: Ein guter Teil des Kommerzes funktioniert nur deshalb, weil es romantische Verklärung gibt. Man will Teil einer Gemeinschaft sein, das liefert der Fußball. Man will mitfiebern und sich einbilden, etwas zum Erfolg beitragen zu können, das liefert der Fußball, sogar für die, die daheim oder in der Kneipe mit geädertem Hals ihren Fernseher anbrüllen. Man will mitleiden, wenn es gerade mal nicht so läuft. Oder wenigstens sich drüber aufregen, weil das sonst in unserer Gesellschaft nämlich nicht mehr akzeptiert wird. Spiele gegen Erzrivalen ersetzen heute früher übliche kriegerische Auseinandersetzungen. Mein Stamm gegen den Stamm eines anderen. Dass es für viele Clubs nur noch darum geht, TV Gelder, Sponsoreneinnahmen und Cateringeinnahmen zu erlösen, geht in dem Getöse unter und wird unter der Salbe „schaut her auf unsere Tradition“ erstickt. In Wahrheit ist es aber so, dass wir Fans uns etwas einbilden, etwas in den Fußball projezieren, was schon lange nicht mehr da ist. Und dennoch lieben wir unseren Herzensverein, auch wenn der uns Woche für Woche ein kleines Löchlein in die Tasche brennt. Wenn wir aufhören, den Zirkus zu finanzieren, wird der Zirkus aufhören, uns zu verarschen.

Das ist nicht nur ein Appell an die Subsidiarität, das ist auch ein Eingeständnis, dass auch ich einer derjenigen bin, der sich vom Fußball trotz Kenntnis dieser Umstände gern blenden lässt wie von einer Dirne mit ihren falschen Haaren, falschen Fingernägeln, falschem Lächeln und falschen Versprechungen. Take my money!

 

Das bedeutet übrigens nicht, dass man nicht den Mund aufmachen kann, wenn etwas in die falsche Richtung läuft. Und das bedeutet auch nicht, dass man Kritikern damit los wird, wenn man ihnen sagt, dass sie sich was anderes suchen sollen. Dafür ist der Fußball, dafür ist Hertha, welcher mit seinen Abteilungen und den vielen Menschen ja aus mehr als der KGaA besteht, zu identitätsstiftend.

Wenn uns Schiller und Gegenbauer nun Fonsun präsentieren und viele Millionen mitbringen, die dazu beitragen, dass wir auf Sicht und Dauer gut aufgestellt sind, vielleicht sogar irgendwann mit eigenem, gesund finanzierten Stadion, dann haben sie meine absolute Unterstützung, auch wenn ich es gern romantischer hätte. Enttäuschung ist nicht nur manchmal etwas Positives, weil man sich nicht mehr täuscht.